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Medienwissenschaftliche Aufarbeitung der COVID-19 Pandemie

| Agnes Sma

2020 wird vielen als markantes Jahres im Gedächtnis bleiben. Wir haben Schreckensbilder gesehen, hitzige Schlagzeilen gelesen und vielleicht mehr Zeit als gewöhnlich vor unseren TV-Geräten und Mobiltelefonen verbraucht um uns immer am neuesten Stand zu halten. Das COVID-19 Phänomen schreibt sich damit in unsere Geschichtsbücher ein, ob wir wollen oder nicht, da es vorallem erstmalig ein weltweites Phänomen war/ist – eben die Globalisierung die wir uns so dringend wünsch(t)en.

Nachdem ich bereits seid 2018 mit meinem Masterstudium (Theater- Film- und Medienwissenschaften an der Universität Wien) fertig wurde und seitdem meine Masterarbeit gekonnt aufschiebe, um im universitären Rahmen meine Lehre weiter zu verfolgen und am aktuellen Stand der Film- und Medienwissenschaften zu bleiben, bin ich nun seit drei Jahren im beobachten, recherchieren und zusammenfügen wissenschaftlicher Erkenntnisse um meine Masterarbeit in diesem Themenfeld anzusiedeln. (Feuer & Flame für dieses Thema entwickelte ich erst bei den im März 2020 veröffentlichten Corona-Regierungsprotokollen, die dann schon kurze Zeit später vom Netz genommen wurden und leider waren auch dann die „CoronaTaskForce“-Sitzungen nicht mehr für die Öffentlichkeit zugänglich im Sinne eines Protokolls.)

Nein, ich wollte nicht irgendetwas in meiner Masterarbeit machen, um eine Note und damit meinen „wirklichen“ Abschluss zu bekommen. Das Studium war für mich je her -seit 2006- (nebenbei knacke ich gerade einen Rekord wie lang man in einem Studium inskribiert sein kann ;-) ein nebenbei Begleiter, um mich intellektuell zu fordern und mir Dinge anzueignen wie sprachliche Kompetenz, analytisches und kritisches Denken und einen philosophischen Leichtsinn. Deshalb war es noch nie nachvollziehbar für mich, aus welchem Grund man dies irgendwann abschießt um dann damit aufzuhören – das schien mir in einer Geisteswissenschaft und gerade in der Spezialisierung auf die Medienwissenschaften ein sehr veraltertes Modell, dass längst Umarbeitung in einer Bildungsreform bedürfte, denn gerade in den letzten 20 Jahren hat sich enorm viel bewegt in der Gesellschaft, diesem jungen Forschungsfeld und im Allgemeinen im Umgang mit „Medien“.

So ist es mir ein Anliegen einen kleinen Beitrag zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der Corona-Leitgeschichte zu liefern, da dies aus meiner Sicht enorm wichtig ist, da:

  • gruppendynamische Prozesse gesellschaftliche und individuelle Tendenzen gezeigt haben
  • mehr den je affektbasierte Medienproduktion gefördert und subventioniert wurde
  • linguistische Veränderungen Einzug gehalten haben in sehr kurzer Zeit (Framing)
  • ideologische Werte in Reinform übertragen wurden
  • politisch-fragwürdige Mechanismen durch mediale Repräsentation Menschen voneinander gespalten haben
  • gesellschatlich-globale Phänomene immer diverse Muster aufzeigen die antropologisch, soziologisch oder psychologisch verortet werden können, obwohl der Ausgangspunkt in diesem Fall humanmedizinisch, also damit naturwissenschaftlich, kontextualisiert wurde und ein gewisses Narrativ mit sich brachte/bringt.

Damit ist es mir eine Freude bis 2025 diese Arbeit in einen Rahmen zu setzen der das pandemische Geschehen in die Wechselwirkung zwischen Gesellschaft, Psychologie und deren (Sprach-)bildern untersucht. Wieso 2025? – weil Wissenschaft erst passieren kann, wenn die Geschehnisse rund um ein Phänomen waren und nicht sich noch im Seien begreifen.

Einen kleinen Vorgeschmack bietet Dir nun hier, weiter unten, meine erste Inspiration zu dieser Thematik nachdem ich aus einer universitären Übungen flog…ja ich wurde einfach rausgeschmissen, aus krankheitsgründen…ja und das in Pandemiezeiten….IN einer Corona Lehrveranstaltung, diese Ironie und auch der Mailverlauf mit meinem lieben Professor wird mich persönlich öfters schmunzeln lassen, auch in Zukunft. Leider wurde mir daher die wirkliche Arbeit eines wissenschaftliches Essays versagt, doch mit Exposè dazu kann man sich schon einmal ein Bild machen, wie so etwas aufgebaut ist, für alljene die (Geistes-)wissenschaftliches Arbeiten noch nicht kennen.

Viel Vergnügen nun damit und nachdem meine Recherche noch nicht beendet ist, kann man mir gerne weitere Inspiriationen (Bücher, wissens. Artikeln, Links, etc.) zukommen lassen, da ja auch Wissenschaft eine Gemeinschaftsaufgabe ist und damit immer diskursiv sein wird.

Danke bereits dafür & sonnige Grüße eure Agnes ;-)

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Agnes Smazinka, BA.
UE Corona, Krise, Care & Kapitalismus
WS 2020/21
Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaften (Prof. Dr. Thomas Waitz)

Exposé zum Essay „UE Corona, Krise, Care & Kapitalismus“

„Die Pandemie der Sprache oder die Sprache der Pandemie – Wie Kriegssprache1 durch COVID-19 normopathische2 Tendenzen eine Gesellschaft aufzeigt.“

Wie man bereits im Titel bemerkt liegt der Fokus meines Essays in der Auseinandersetzung mit der alltagsgebräuchlichen Sprache.
Sprache im Sinne medialer Darstellung der COVID-19 Pandemie und die damit entstehenden Bilder und Metaphern der Kommunikation3, die durch politische und journalistische Hände an die breite Öffentlichkeit, zur Information, getragen werden.

Ausgehend davon wird die Analyse primär den deutschsprachigen Raum untersuchen, dennoch internationale Vergleiche ziehen müssen, da auch die Kontroverse der Pandemie grundsätzlich global ist.
Ausgehend von der Beobachtung der medialen Kommunikationsräume, findet sich eine Rhetorik des „Krieges“ in der medialen Berichterstattung wieder, die sowohl durch die Darstellung der Maßnahmen durch die Regierung erfolgt, und weiter über die leitmediale (Re- ) Produktion an die Bevölkerung kommuniziert wird. Da Kommunikation immer von Mensch zu Mensch passiert – ganz banal ausgedrückt – liegt darin eine inhärente psychologische Komponente, die gerade wenn es um Kriegssprache geht wichtig ist, mitgedacht zu werden.

In dem Artikel des Schweizer Psychologen Franz Hochstrasser zur Kriegssprache, wird deutlich, dass Phrasen des Krieges selbst im alltäglichen Gebrauch eine eigene Sprachform bilden und damit semantische Betrachtungen zusammen mit einer Analyse der Wirkungsweisen im Menschen bedingen.

„Kriegssprache ist nur möglich unter Lebensverhältnissen, in denen Krieg als spezifische Form von Gewalt bestimmt ist. Die Existenz von Kriegswörtern widerspiegelt diesen Sachverhalt. Die Wörter selbst nun entziehen sich dieser Widerspiegelung; sie schlüpfen in metaphorische Gewänder und stellen so ganz anderes dar, als sie ursprünglich bezeichneten [].“4

In seiner Analyse aus 1985 stehen Alltagsworte wie „Bombenfest“, „Sportkanone“ oder auch „Spätzünder“ den Wörtern und Phrasen gegenüber wie z.B. „zwischen den Fronten“ oder auch „Kampf“, wo eine Kriegskonnotation durchwegs offensichtlich wird.

Hochstrasser entwickelt dabei drei unterschiedliche Parameter in Bezug auf den moralischen Sprachgebrauch von Kriegssprache.

  1. Die Kriegssprache verdinglicht
  2. Die Kriegssprache ist ideologisch
  3. Kriegssprache ist Militarisierung des Alltags

Unter diesen Gesichtspunkten wird die mediale Analyse von Rhetorik und die damit (un- )bewussten Bilder, durch politische sowie leitmediale Kommunikation der Corona Pandemie, untersucht (Berichterstattung in Print- sowie TV-Medien), die ausgehend davon das Narrative dieser gesellschaftlichen Situation widerspiegeln.

Eine Forschungsgruppe bestehend aus internationalen Linguisten beschäftigen sich schon seit Beginn der Pandemie mit einem Projekt (#ReframeCovid)5, dass eine große mediale Aufmerksamkeit bekommen hat dadurch, dass es nach neuen Lösungen für die Kommunikation der Maßnahmen, Ziele und damit einhergehenden Metaphern sucht. Dies zeigt die Wichtigkeit in der Öffentlichkeit die Rhetorik der Pandemie zu beeinflussen, oder zumindest ein Bewusstsein dafür zu schaffen.

Ziel des Essays ist damit zunächst Kriegssprache aus dem letzten Jahr zu fragmentieren und im Hinblick auf die Deutungsebene den Zusammenhang von gesellschaftlichen Fehlentwicklungen und dem globalen Wirkungsweisen darzustellen. Nicht nur aus der Sprache selbst, sondern gemeinsam auch von historischen, ökonomischen und ökologischen Ereignissen und dessen Traumatisierungen der Bevölkerungsgruppen wird dies verortet werden.

Die Konstruktion eines Feindbildes (z.B. der Virus selbst) über die Kommunikation, auf verbaler Ebene, wird zu einem ideologischen Leitbild dieser Pandemie und zeigt die unmittelbaren gesellschaftlichen Bedürfnisse6.

Dort wo Sprache zu einem trennenden Mittel (gemeint ist hier sowohl die politische Handlungsfähigkeit von Bürger*innen aber auch der Aspekt der Kommunikation mit seinen mannigfaltigen Bedeutungsebenen) zwischen Menschen wird, öffnet sich das Feld normopathischer Fehlentwicklungen (die diesbezüglich weniger definiert werden können, da vorab ein allgemeingültiges moralisches Verständnis konstruiert werden müsste), die (psychosomatische) Krankheitssymptome hervorbringen können. Diese Krankheitssymptome – sollen nur die Tragweiter menschlicher „Problem“-stellung verdeutlichen – stehen allerdings nicht im Zentrum des Essays, sondern vielmehr die Beobachtung daraus, wie durch ein gesellschaftliches System, das im Zentrum kapitalistisches Gedankengut verkörpert, eine Erscheinung wie den COVID-19 Virus nur als Symptom solcher normopathischen Fehlentwicklungen zeigt ohne, dass es dabei um eine gewisse Ursachenforschung geht.

Darüber hinaus wird damit auch untersucht, wie die Weltgemeinschaft (mit allen Staaten biopolitischen Handelns7) zwar unterschiedliche Ausformungen der Kommunikation dieser Pandemie hat, trotzdem aber immanent – gleich-, nicht nur über den Virus selbst, sondern über die sozioökonomischen und kulturellen Strukturen allgemein, es zu gesellschaftlichen Fehlentwicklungen in der Vergangenheit kommen konnte, und diese nun ganz präsent durch die Kriegssprache, und die damit einhergehende Krisenstimmung verdeutlicht werden können.

Der Begriff der Biopolitik/Biomacht wird daher auch selbst zum Beobachtungsgegenstand ideologische Tendenzen, gerade auch über die universitäre-wissenschaftliche Kumulierung von „Wissen“ bzw. die Generierung von „Informationen“ allgemein.

  1. Hochstrasser, Franz (1985): Kriegssprache.
  2. Terminus Noromopathie von Eric Adalbert Wulff. Hier gilt die Definition von Hans Joachim Maaz, siehe Literaturhinweis.
  3. Vgl. Erving Goffmann
  4. Hochstrasser, S.9
  5. https://sites.google.com/view/reframecovid/initiative?pli=1
  6. Vgl. Žižek Ideologie
  7. Vgl. Foucault Terminus Biopolitik/Biomacht

Literaturhinweise:

Bostock, Joanna (2020): Die richtige Wortwahl in Kriesenzeiten. In: FM4 (AUT), 07.04.2020, https://fm4.orf.at/stories/3001146/ (06.01.2021)

Carbonaro, Giulia (2020): Can we compare the COVID-19 pandemic to a world war?. In: CTGN (CN), 08.05.2020, https://newseu.cgtn.com/news/2020-05-08/Can-we-compare-the-COVID-19-pandemic-to-a-world-war– Qhw25Ig9Fe/index.html (04.01.2023)

Dinges, Martin (2004): Bedrohliche Fremdkörper in der Medizingeschichte. In: Mayer, Ruth/Weingart, Brigitte (Hg.): VIRUS! Mutationen einer Metapher. Bielefeld, S. 79-95.

Foucault, Michel (1993): Wille zum Wissen. Sexualität und Wahrheit 1. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1983, „Recht über den Tod und Macht zum Leben“

Foucault, Michel (1976): Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1987.

Henning, Martin & Gräf, Dennis(2020): Die Verengung der Welt. Zur medialen Konstruktion Deutschlands unter Covid-19 anhand der Formate ARD Extra-Die Coronalage und ZDF Spezial. https://www.researchgate.net/publication/343736403_Die_Verengung_der_Welt_Zur_medialen_Konstruktion _Deutschlands_unter_Covid-19_anhand_der_Formate_ARD_Extra_-Die_Coronalage_und_ZDF_Spezial (04.01.2023)

Hochstrasser, Franz (1985): Kriegssprache. In: Psychologie und Gesellschaftskritik 9(1/2), S.7-22. https://scholar.archive.org/work/ax2iob3e2re5zne5mlefksridy -Version 1984 (04.01.2021)

Jorgačević, Jelena & Salamurović, Aleksandra (2020): (Mis-)Use of language in the times of corona. In: Hypotheses (FR), 05.05.2020, https://dewan.hypotheses.org/157#more-157 (04.01.2023)

Knoblauch, Hubert (2011): Erving Goffman: Die Kultur der Kommunikation. In: Möbius, Stephan & Quadflick, Dirk (Hg.): Kulturtheorien der Gegenwart. VS Verlag/Springer. Wiesbaden, S. 189-201.

Lawson, Robert (2020): Coronavirus has led to an explosion of new words and phrases – and that help us cope. In: The Conversation (UK), 28.04.2020, https://theconversation.com/coronavirus-has-led-to-an-explosion-of- new-words-and-phrases-and-that-helps-us-cope-136909 (04.01.2023)

Maaz, Hans-Joachim (2017): Das falsche Leben. Ursachen und Folgen unserer normopathischen Gesellschaft. Beck, München.
Maaz, Hans-Joachim (2020): Das gespaltene Land. Ein Psychogram. Beck, München.

McHugh, Louise (2020): Relationally Framing a Pandemic. In: Behavior Science Dissemination (USA), 19.04.2020, https://science.abainternational.org/relationally-framing-a-pandemic/louise-mchughucd-ie/ (04.01.2023)

Rajadran, Kumaran (2020): Are we at war?. In: Simply Speaking (MY), 13.04.2020, https://simplyspeaking.usm.my/index.php/society-humanity/63-are-we-at-war (06.01.2021)

Semino, Elena (2020): Beyond the battle, far from the frontline: a call for alternative ways of talking about Covid-19. In: Lancaster University News (UK), 06.04.2020, https://www.lancaster.ac.uk/news/beyond-the- battle-far-from-the-frontline-a-call-for-alternative-ways-of-talking-about-covid-19 (04.01.2023)

Serhan, Yasmeen (2020): The Case Against Waging ‘War’ on the Coronavirus. In: The Atlantic (USA), 31.03.2020, https://www.theatlantic.com/international/archive/2020/03/war-metaphor- coronavirus/609049/?utm_campaign=wp_todays_worldview&utm_medium=email&utm_source=newsletter& wpisrc=nl_todayworld (04.01.2023)

Žižek, Slavoj (2020): Pandemic! COVID-19 shakes the world. OR Books, New York/London. Žižek, Slavoj (2009): Violence: Six sideways reflections. Profile Books, London.